Im Jahr 2024 verabschiedete die Europäische Union die Neufassung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD) und legte damit eine der ehrgeizigsten Fahrpläne der Welt für Wohnungsbau und Bauwesen fest. Gebäude machen rund 40 % des gesamten Energieverbrauchs in Europa und mehr als ein Drittel der Treibhausgasemissionen aus. Die EPBD soll dies ändern, indem Fristen festgelegt werden, die in den nächsten 25 Jahren Entscheidungen von Haushalten, Bauträgern und Investoren prägen werden.
Ein Zeitplan für Veränderungen
Der Übergang beginnt 2025, wenn Subventionen für neue eigenständige fossile Heizkessel verboten werden. Bis Mai 2026 muss jeder EU-Mitgliedstaat die Richtlinie in nationales Recht umsetzen, harmonisierte Energieausweise (A–G) einführen und langfristige Renovierungsfahrpläne aufstellen. Ab Dezember 2026 werden Solaranlagen (PV oder Solarthermie) auf neuen öffentlichen Gebäuden und großen Nichtwohngebäuden über 250 m² obligatorisch, sofern technisch und wirtschaftlich machbar. Ab 2030 müssen alle neuen Wohngebäude mindestens solartauglich sein, wobei viele Mitgliedstaaten voraussichtlich vollständige PV-Systeme vorschreiben werden.
Ab Januar 2028 müssen alle neuen öffentlichen Gebäude als Nullemissionsgebäude (ZEB) errichtet werden. Zwei Jahre später, im Jahr 2030, gilt diese Anforderung für jedes neue Wohn- und Gewerbeobjekt. Gleichzeitig muss der Wohnungsbestand bis dahin eine durchschnittliche Senkung des Energieverbrauchs von mindestens 16 % im Vergleich zu 2020 erreichen, bis 2035 auf 20–22 %. Zuerst müssen die energetisch schlechtesten Gebäude saniert werden. Ab 2028 müssen große Neubauten ihre Kohlenstoffbilanz über den gesamten Lebenszyklus (WLC) offenlegen, und ab 2030 gilt diese Pflicht für alle Neubauten. Die Mitgliedstaaten müssen zudem nationale Fahrpläne zur Einführung verbindlicher Grenzwerte für das Treibhauspotenzial (GWP) bis 2030 vorlegen. Bis 2050 soll der Gebäudebestand der EU vollständig klimaneutral sein.
Datum / Zeitraum | Anforderung | Betroffene Akteure | Auswirkungen |
---|---|---|---|
2025 | Verbot von Subventionen für eigenständige fossile Heizkessel | Alle EU-Staaten | Umstieg auf Wärmepumpen und Hybride |
29. Mai 2026 | Umsetzung der EPBD in nationales Recht | Regierungen | Harmonisierte Energieausweise, Förderungen, Renovierungspläne |
31. Dez. 2026 | Solaranlagenpflicht für neue öffentliche & große Nichtwohngebäude >250 m² (falls machbar) | Bauträger, öffentlicher Sektor | PV oder Solarthermie als Standardausstattung |
1. Jan. 2028 | Alle neuen öffentlichen Gebäude müssen ZEB sein | Staatliche und kommunale Behörden | Nur öffentliche Projekte nach ZEB-Standard |
1. Jan. 2028 | Lebenszyklus-Kohlenstoffbilanz für große Neubauten verpflichtend | Bauträger, Bauunternehmen | Transparenz bei der CO₂-Bilanz über den Lebenszyklus |
1. Jan. 2030 | Alle Neubauten in der EU müssen ZEB sein | Wohn- & Gewerbeimmobilien | Bau nicht-ZEB verboten |
1. Jan. 2030 | Neue Wohngebäude müssen solartauglich sein | Bauträger, Wohnungssektor | PV in vielen Märkten erwartet |
2030 | ≥16 % Reduktion des durchschnittlichen Wohnenergieverbrauchs gegenüber 2020 | Wohnungsbestand | Schlechteste Gebäude zuerst renovieren |
1. Jan. 2030 | Pflicht zur GWP-Offenlegung für alle Neubauten | Bauträger, Bauunternehmen | CO₂-Fußabdruck wird Standardkriterium |
2030 | Nationale Fahrpläne für verbindliche GWP-Grenzen | Regierungen, Bauträger | Niedrig-CO₂-Materialien erforderlich |
2033 | Mindeststandards für Nichtwohngebäude: schlechteste 26 % saniert | Gewerbeimmobilien | Zwang zur Sanierung von „braunem“ Bestand |
2035 | ≥20–22 % Reduktion des durchschnittlichen Wohnenergieverbrauchs gegenüber 2020 | Wohnungssektor | Tiefgreifende Sanierungen unvermeidbar |
2050 | Vollständige Dekarbonisierung des Gebäudebestands | Gesamte EU | Klimaneutraler Gebäudesektor |
Alte Häuser und die Marktspaltung
Die Richtlinie verbietet nicht den Verkauf älterer Immobilien, schafft aber eine deutliche Spaltung. Energieeffiziente Häuser mit guten Energieausweisen erzielen eine Preisprämie und verkaufen sich schneller. Schlecht gedämmte Immobilien am unteren Ende der Skala verlieren an Wert, Liquidität und Finanzierbarkeit. Banken in Europa testen bereits grüne Hypothekenprogramme mit besseren Konditionen für effiziente Häuser oder Sanierungen, während ineffizienter Bestand strengeren Kriterien unterliegt.
Marktdaten zeigen, dass effiziente Häuser eine klare Preisprämie erzielen, während ineffizienter Bestand mit steigenden Abschlägen gehandelt wird. Diese Abschläge nehmen zu, da Regulierung und Bankkriterien verschärft werden.
Kosten der Einhaltung
Die Modernisierung eines typischen Hauses ist teuer. Eine Wärmepumpe kostet zwischen 8 000 und 14 000 €. Dachdämmung liegt zwischen 40 und 60 €/m², Wanddämmung zwischen 115 und 290 €/m², moderne Doppel- oder Dreifachfenster kosten 500–3 600 € pro Stück, je nach Größe und Leistung. Die Installation einer 3–5 kW Photovoltaikanlage kostet weitere 4 000–10 000 €. Für ein Standardhaus mit 100 m² belaufen sich Dämmung, Wärmepumpe, PV und neue Fenster auf rund 30 000–35 000 € vor Förderungen.
Die EU und nationale Regierungen stellen Zuschüsse und zinsgünstige grüne Kredite bereit, insbesondere für einkommensschwache Haushalte und ineffizienteste Gebäude. Frühzeitige Maßnahmen profitieren am meisten durch Kombination von Förderungen und vorzeitiger Einhaltung.
Energiepreise beeinflussen die Amortisation stark. Ende 2024 zahlten EU-Haushalte im Durchschnitt 0,287 €/kWh für Strom und 0,123 €/kWh für Gas. Wärmepumpen lohnen sich besonders in Kombination mit Dämmung und PV. Solaranlagen amortisieren sich in Südeuropa meist nach 6–10 Jahren, in Nordeuropa etwas länger.
Expertenwarnungen
Schon 2024 äußerten Analysten Bedenken, die 2025 weiterhin aktuell sind. JLL prognostizierte einen strukturellen Mangel an CO₂-armen Büroflächen, wobei die Nachfrage bis 2030 das Angebot um das Dreifache übersteigen könnte.
„Wir treten in eine neue Welt ein, in der Untätigkeit zu wirtschaftlicher Obsoleszenz führt.“
— Guy Grainger, JLL Global Head of Sustainability, 2024
JLL-Umfragen in Europa zeigten, dass die Mehrheit der Investoren Nachhaltigkeit bereits in Entscheidungen einbezog und viele angaben, dass ineffiziente Immobilien an Wert verlieren. Dieser Trend setzte sich 2025 fort, da Banken ihre Kreditkriterien weiter anpassten.
Auch Savills betonte, dass sich Energieausweis-Standards je nach Land unterscheiden, aber mit der EPBD eine Harmonisierung bevorsteht. Die Forschung zeigte, dass „braune Abschläge“ keine Theorie mehr sind – sie zeigen sich bereits in Transaktionen in ganz Europa.
Auswirkungen auf Investoren
Die Richtlinie schafft einen zweigeteilten Markt. Grüne, ZEB-fähige Immobilien profitieren von stärkerer Liquidität, niedrigeren Renditen und günstigeren Finanzierungen. Braune Immobilien geraten ohne Sanierung unter Druck. Ab 2028 ist die CO₂-Berichterstattung für große Neubauten vorgeschrieben, und ab 2030 werden verbindliche GWP-Grenzwerte die Bau-Lieferketten verändern. Die Nachfrage nach Holz, Recyclingstahl und CO₂-armem Beton wird steigen.
Institutionelles Kapital bewegt sich bereits. Wohn- und Living-Sektor-Assets werden ESG-orientiert, Investitionsströme verlagern sich zunehmend auf nachhaltigen Bestand. Fonds richten sich am Pariser Abkommen aus, und Banken schreiben ihre Kreditmodelle auf Basis der CO₂-Leistung neu.
Mythen und Fakten
- Mythos: Alte Häuser werden ab 2026 verboten.
Fakt: Sie können weiterhin verkauft werden, verlieren aber ohne Sanierungen an Marktwert. - Mythos: Gasheizungen werden sofort entfernt.
Fakt: Subventionen für neue fossile Heizungen enden 2025, aber nationale Ausstiegsdaten variieren. - Mythos: Solar bleibt optional.
Fakt: Verpflichtungen beginnen 2026 für neue öffentliche und große Nichtwohngebäude, ab 2030 müssen alle neuen Wohnhäuser mindestens solartauglich sein.
Fazit
Die EPBD ist mehr als Klimapolitik — sie ist ein struktureller Neustart für den europäischen Immobilienmarkt. Ab 2028 müssen alle neuen öffentlichen Gebäude emissionsfrei sein, ab 2030 gilt dies für alle Neubauten, und bis 2035 muss der Wohnungsbestand deutliche Einsparungen beim Energieverbrauch erzielen. Bis 2050 müssen alle Gebäude in Europa klimaneutral sein.
Für Haushalte bedeutet dies hohe anfängliche Sanierungskosten, aber langfristig niedrigere Rechnungen und höhere Wiederverkaufswerte. Für Bauträger wird Nullemissions-Design zur Pflicht. Für Investoren gilt: Effizienz bedeutet heute Liquidität und Rendite. Und wie Guy Grainger von JLL bereits 2024 warnte – eine Warnung, die 2025 noch dringlicher geworden ist – „Untätigkeit führt zur Obsoleszenz.“