Industriestil jenseits der Lofts: Wie man ihn in Wohnräumen nutzt

by Ryder Vane
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Industrial Style Beyond Lofts in Living Spaces

Als New Yorker Künstler in den 1970er Jahren begannen, in verlassene Fabriken zu ziehen, konnte kaum jemand ahnen, dass sichtbare Rohre, roher Beton und Backsteinmauern eines Tages zu den begehrtesten Einrichtungsmerkmalen der Welt gehören würden. Ein halbes Jahrhundert später ist der Industriestil längst nicht mehr nur etwas für Loftbewohner – 2025 findet man ihn ebenso in einem 35-Quadratmeter-Studio in Warschau wie in einer skandinavischen Villa am Meer. Die Frage ist nicht mehr, ob der Industriestil in Wohnungen passt, sondern wie man ihn gleichzeitig stilvoll und gemütlich macht.

Von kalten Lagerhallen zu warmen Wohnzimmern

Der Industriestil wird oft mit Härte verbunden: graue Wände, Stahlträger, Betonböden. Doch heutige Designer betonen, dass dieses Bild überholt ist.

„Retrofit ist vor allem eine Einstellung. Es geht nicht darum, Fabrikräume zu kopieren – sondern darum, Bestehendes wiederzuverwenden, Materialien ein zweites Leben zu geben und Interieurs zu schaffen, die authentisch wirken.“ — Je Ahn, Studio Weave

Diese „Einstellung“ erklärt, warum Betonböden heute mit wiederverwendeter Eiche kombiniert werden oder warum schwarze Stahlrahmen durch Leinenvorhänge weicher wirken. Der Industriestil 2025 lebt von Gegensätzen – kalt und warm, roh und gemütlich, Vergangenheit und Gegenwart.

Wohnungen: Loft-Atmosphäre auf kleinem Raum

Lange Zeit glaubte man, dass der Industriestil nur in großen Lofts funktioniert. Doch Designer in ganz Europa beweisen das Gegenteil. In Krakau renovierte ein junges Paar kürzlich eine 42-m²-Wohnung allein mit einer markanten Backsteinwand und einer Stahlrahmen-Trennwand.

„Wir konnten uns kein großes Loft leisten, aber wir wollten diese Atmosphäre. Eine einzige Wand hat die Stimmung der ganzen Wohnung verändert“, erklären die Eigentümer.

Die Kosten bleiben im Vergleich zu Luxusausstattungen überschaubar: Verblendziegel beginnen bei etwa 25 €/m², schlanke Stahltrennwände kosten im Schnitt 200 €/m², und ein Schienensystem für Beleuchtung (300 €) reicht oft schon aus, um selbst einer kleinen Wohnung Loft-Charakter zu verleihen.

Häuser: Industriedrama im großen Maßstab

Privathäuser erlauben es, den Stil in voller Größe auszuleben. Designer wie Patricia Urquiola betonen dabei, dass der Industriestil nicht kalt oder unmenschlich wirken darf.

„Design muss heute hybrid und flexibel sein, fähig, sich an veränderte Kontexte anzupassen.“ — Patricia Urquiola

Ihr Ansatz zeigt, warum roher Beton und Stahl mit Textilien, Pflanzen und Farben koexistieren können – und so Härte in Wärme verwandeln. Das Polieren eines vorhandenen Betonbodens kostet 40–60 €/m², ein neuer Guss bis zu 170 €/m². Große Glasfronten oder Fenster im Crittall-Stil übersteigen leicht 1.000 € pro Stück, werden aber von vielen Bauherren zunehmend als essenziell für architektonischen Charakter betrachtet.

Wie man den „kalte Lagerhalle“-Effekt vermeidet

Die Gefahr der Übertreibung ist real. Zu viel sichtbarer Beton oder Metall kann steril wirken. Das Gegenmittel ist Wärme – Textilien, Naturholz, sanftes Licht, Pflanzen. Teppiche, Bouclé-Sessel und Leinenvorhänge sind mittlerweile Standard. Viele kombinieren die industrielle Basis mit skandinavischen oder Vintage-Akzenten und schaffen so einladende Hybride.

Warum der Stil 2025 boomt

Der Industriestil passt zu den Werten unserer Zeit: Authentizität, Nachhaltigkeit, Flexibilität. Designer setzen zunehmend auf wiedergewonnene Materialien – gealtertes Holz, recycelten Stahl, gebrauchte Ziegel – und machen ökologisches Bewusstsein zum ästhetischen Prinzip. Akzente in Chrom und Messing, präsentiert auf der Paris Design Week 2025, bringen eine moderne, reflektierende Note.

„Design sollte einfach und ehrlich sein.“ — Philippe Starck

Diese Philosophie erklärt, warum der Industriestil, einst als zu roh empfunden, heute zur globalen Designsprache geworden ist.

Praxisratgeber mit Preisen 2025

Polierter Betonboden bleibt ein Klassiker. Wenn die Platte bereits vorhanden ist, kostet das Polieren 40–60 €/m². Ein neuer Guss ist teurer – 140 bis 170 €/m² – hält dafür jahrzehntelang.

Eine Backsteinwand verleiht sofort Charakter. Einfache Verblendziegel starten bei 25 €/m², handgefertigte oder wiederverwendete Ziegel können über 150 €/m² kosten.

Verglaste Trennwände im Crittall-Stil sind beliebt zur Zonierung. Sie lassen Licht durch und setzen grafische Akzente. Rechnen Sie mit etwa 200 €/m², Türen beginnen bei 950 €.

Lichtgestaltung prägt die Stimmung. Schienensysteme kosten 300–600 € pro Set, Designer-Pendelleuchten ab 700 €. Viele kombinieren beides: Schienen für Funktionalität, Pendelleuchte für Atmosphäre.

Für Wärme sorgt Holz. Fertigparkett kostet 60–90 €/m², Massivholzdielen ab 100 €. Textilien ergänzen – Teppich, Decke, Vorhänge. Schon 100–150 € schaffen Behaglichkeit.

Und schließlich Pflanzen. Ein Ficus oder eine Monstera (30–80 €) haucht selbst dem kargsten Betonraum Leben ein.

Fazit

Der Industriestil bedeutet heute nicht mehr, in einer Lagerhalle zu leben. 2025 erzählt er Geschichten durch Materialien: die Patina von Stahl, die Spuren von wiederverwendetem Holz, die Weichheit von Stoffen auf rohen Wänden. Mutig und zugleich menschlich, funktional und zugleich warm. Mit dem richtigen Gleichgewicht verwandelt industrielles Design Wohnungen und Häuser in authentische, nachhaltige und charaktervolle Räume.

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