Die australische Regierung hat ein neues Maßnahmenpaket vorgestellt, das private Investitionen aus dem Bestand hin zu neuem Wohnraum umlenken soll. Im Mittelpunkt steht eine Reform der Kapitalertragssteuer (Capital Gains Tax, CGT), die Investoren dazu motivieren soll, in neu errichtete Immobilien zu investieren oder Neubauten zu finanzieren, anstatt bestehende Immobilien zu kaufen.
Hintergrund und Reformbedarf
Australien kämpft mit steigenden Immobilienpreisen und einer sich verschärfenden Wohnraumkrise. Nach Angaben des National Housing Supply and Affordability Council benötigt das Land bis 2030 mindestens 1,2 Millionen neue Wohnungen, um der wachsenden Nachfrage gerecht zu werden und den Preisanstieg zu bremsen.
Bisher fließt jedoch ein Großteil der Investitionen weiterhin in bestehende Immobilien, was das Angebot nicht erhöht und Investoren in direkte Konkurrenz mit Eigennutzern bringt. Dies verschärft den Druck auf die Preise zusätzlich.
Kernelemente der vorgeschlagenen Reform
Die Steueranreize für Investoren gelten unter folgenden Bedingungen:
- Der Kauf betrifft neue Immobilien, die innerhalb der letzten zwölf Monate gebaut wurden.
- Alternativ finanzieren die Investoren aktiv den Bau neuer Wohnobjekte.
Die steuerlichen Vorteile im Überblick:
- Der bestehende 50 % CGT-Rabatt bleibt für Immobilien erhalten, die länger als 12 Monate gehalten werden.
- Ein zusätzlicher 15 % CGT-Nachlass wird gewährt, wenn in neue oder im Bau befindliche Immobilien investiert wird.
- Insgesamt ergibt sich ein CGT-Rabatt von bis zu 65 % auf Kapitalgewinne aus förderfähigen Investitionen.
- In bestimmten Fällen (z. B. Sozialwohnungsbau oder günstiger Mietwohnungsbau) ist sogar eine vollständige Steuerbefreiung vorgesehen.
Darüber hinaus prüft die Regierung die Einführung vergünstigter CGT-Sätze für Investitionen in öffentlich-private Wohnungsbauprojekte.
Ziele und erwartete Auswirkungen
Mit der Reform sollen Investoren gezielt zum Neubau von Wohnungen bewegt werden. Dadurch sollen:
- das Angebot an Wohnraum erhöht werden, besonders in Ballungsräumen;
- die Preisdynamik gedämpft werden;
- der private Sektor in die Wohnungspolitik eingebunden werden;
- weniger Wettbewerb mit Eigennutzern auf dem Bestandsmarkt entstehen.
Wohnungsbauministerin Julie Collins erklärte: „Diese Maßnahme nutzt steuerliche Anreize, um Kapital in neue und bezahlbare Wohnformen zu lenken – und nicht in bloße Eigentumsumschichtungen.“
Reaktionen aus Markt und Fachwelt
Die Immobilienwirtschaft reagierte weitgehend positiv. Bauunternehmen und Projektentwickler sehen in den neuen Regelungen eine höhere Wirtschaftlichkeit von Projekten, die bislang nicht realisiert wurden.
Auch Investoren zeigen Interesse, da sich die Nachsteuererträge verbessern. Fachleute warnen jedoch, dass der Erfolg der Reform von weiteren Faktoren abhängt:
- Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren;
- Ausbau der Infrastruktur in Entwicklungsgebieten;
- Vermeidung von Überangeboten oder spekulativen Blasen.
Dr. Peter Hilton von der Universität Sydney kommentierte: „Die CGT-Reform ist sinnvoll, aber sie muss in ein ganzheitliches wohnungspolitisches Konzept eingebettet sein.“
Auswirkungen auf den Bestandsmarkt
Kritiker befürchten, dass sich die Maßnahme negativ auf die Nachfrage nach Bestandsimmobilien auswirken könnte, was sinkende Preise zur Folge hätte.
Andererseits sehen viele Beobachter hierin eine Chance für Erstkäufer, die weniger in Konkurrenz mit Kapitalanlegern stehen würden.
Pilotphase und Zeitplan
Die neue Regelung wird ab Januar 2026 testweise in mehreren Regionen eingeführt:
- Großraum Sydney
- Melbourne und Umgebung
- Brisbane und Gold Coast
- Adelaide
- Perth
Für Infrastrukturmaßnahmen und kommunale Partnerschaften stellt die Regierung zusätzlich 1,2 Milliarden Euro bereit.
Internationale Vorbilder
Australien orientiert sich an bereits bestehenden Modellen:
- Das britische Programm Help to Build bietet Steuervergünstigungen und Kredite für Neubauten.
- In Kanada gibt es Steuererleichterungen für langfristig vermieteten Wohnraum.
- Deutschland plant sogenannte Investitionsboni für den Bau von energieeffizientem Wohnraum.
Diese Modelle werden an die australischen Marktbedingungen angepasst, um gezielte Anreize zu setzen.
Risiken und Herausforderungen
Trotz des positiven Ansatzes gibt es Risiken:
- Steigende Grundstückspreise in Entwicklungsregionen;
- Gefahr von Bauruinen oder unvollendeten Projekten, wenn Kalkulationen scheitern;
- Fehlende Infrastruktur, falls das Wachstum zu schnell erfolgt.
Die Regierung plant deshalb eine strikte Überwachung und Zweckbindung der Steuervergünstigungen.
Fazit
Die geplante Reform der Kapitalertragssteuer ist ein gezielter Versuch, steuerliche Instrumente zur Linderung der Wohnraumkrise einzusetzen. Durch Förderung von Neubauinvestitionen und Umleitung von Kapital aus dem Bestand könnte sich der Markt nachhaltiger entwickeln.
Wenn die Maßnahme von weiteren Reformen wie Bauvereinfachungen, Mietregulierungen und Käufersubventionen begleitet wird, könnte sie zu einem zentralen Baustein einer langfristigen australischen Wohnstrategie werden.