Was europäische Immobilienkäufer über teure Hypotheken wissen sollten

by Rina Wolf
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What the End of Cheap Mortgages Means for Europe Homebuyers

Nach mehr als einem Jahrzehnt reichlich verfügbarer und günstiger Kredite ist die Ära des billigen Geldes in Europa zu Ende gegangen. Nach zwei Jahren aggressiver Zinserhöhungen durch die Europäische Zentralbank hat sich die Inflation abgeschwächt und die Leitzinsen haben sich stabilisiert. Dennoch bewegen sich die Wohnungsmärkte im Euroraum nicht mehr im Gleichklang. Für Käufer hat sich die zentrale Frage verschoben. Es geht nicht mehr nur darum, ob die Preise einbrechen werden, sondern darum, ob das Umfeld nach dem Ende des billigen Geldes inzwischen stabil genug ist, um ohne spätere Reue zu kaufen.

Die Hypothekenzinsen haben sich europaweit auf einem höheren Niveau eingependelt

In den meisten EU-Ländern liegen die neuen Hypothekenzinsen derzeit zwischen 3,3 Prozent und 4,5 Prozent, abhängig vom nationalen Markt, der Laufzeit und der jeweiligen Finanzierungsstruktur. Auch wenn die Hypothekenzinsen im Euroraum ihren Höhepunkt Ende 2024 beziehungsweise Anfang 2025 überschritten zu haben scheinen, liegen sie strukturell weiterhin deutlich über dem Niveau der vergangenen zehn Jahre.

In Deutschland bewegen sich zehnjährige Hypotheken mit festem Zinssatz in der Regel zwischen 3,6 Prozent und 4,1 Prozent. In Frankreich sind die durchschnittlichen Zinsen für neue Hypotheken nach regulatorischen Anpassungen auf etwa 3,5 bis 3,8 Prozent gesunken. Spanien und Portugal bleiben besonders anfällig für variable Zinssätze, mit effektiven Kreditkosten von schätzungsweise 3,4 bis 3,9 Prozent. In Italien liegen die Hypothekenzinsen höher, bei rund 3,8 bis 4,3 Prozent, was die höheren Staatsrisikoprämien widerspiegelt. In den Niederlanden liegen längere Zinsbindungen weiterhin über 4 Prozent.

Selbst wenn sich die EZB von ihrer restriktivsten Haltung weiter entfernt, ist nicht zu erwarten, dass die Hypothekenzinsen im gleichen Maß wie die Leitzinsen sinken. Bankrefinanzierungskosten, Renditen von Staatsanleihen, Kapitalanforderungen und Risikopuffer beeinflussen die Kreditvergabe. Die Ära von Hypotheken unter 2 Prozent dürfte daher so schnell nicht zurückkehren.

Die Immobilienpreise haben sich bereits leise angepasst

Während viele große Städte in den USA eine vergleichsweise hohe Preisstabilität gezeigt haben, hat Europa bereits eine weitgehend stille Korrektur erlebt. Seit 2022 verzeichnen die meisten Wohnungsmärkte in der EU entweder tatsächliche Preisrückgänge oder eine Phase anhaltender Stagnation.

In Deutschland sind die Preise in vielen Städten kumuliert um etwa 8 bis 12 Prozent gefallen. Die nordischen Märkte korrigierten früher und stärker und liegen weiterhin unter ihren Höchstständen von 2021. In Frankreich zeigt sich eine schrittweise Abschwächung, insbesondere außerhalb der gefragtesten Pariser Lagen. Südeuropa hingegen bleibt vergleichsweise widerstandsfähig, gestützt durch ausländische Nachfrage, Tourismus und ein begrenztes Angebot an Neubauten.

Inflationsbereinigt haben viele europäische Eigentümer bereits eine spürbare Neubewertung verkraftet. Der Markt wirkt nicht krisenhaft, sondern ist geprägt von schwacher Dynamik und größerem Verhandlungsspielraum.

Die Erschwinglichkeit verbessert sich langsam und ungleichmäßig

Die Erschwinglichkeit von Wohneigentum bleibt in der EU angespannt, verschlechtert sich jedoch nicht weiter. Das Lohnwachstum hat die Inflation teilweise aufgeholt, während das Preiswachstum am Wohnungsmarkt zum Stillstand gekommen ist. Die monatlichen Belastungen für neue Käufer steigen nicht mehr stark an, und die Preis-Einkommens-Verhältnisse haben sich in den meisten Hauptstädten stabilisiert.

Diese Verbesserung verläuft jedoch ungleichmäßig. Zentrale Lagen mit begrenztem Angebot erzielen weiterhin deutliche Preisaufschläge, während sekundäre Städte, Randlagen und ältere Bestände sowohl bei den Preisen als auch bei den Konditionen mehr Spielraum bieten.

Experten zufolge ist die Struktur wichtiger als der Zeitpunkt

Immer mehr europäische Wohnungsmarktexperten vertreten die Ansicht, dass der Zeitpunkt des Kaufs weniger entscheidend ist als die Struktur des Kredits und der geplante Haltezeitraum. Analysten großer europäischer Banken warnen, dass Käufer, die auf einen deutlichen Rückgang der Hypothekenzinsen warten, enttäuscht werden könnten. Selbst bei weiteren Zinssenkungen der EZB dürften Hypothekenzinsen deutlich über dem Vorkrisenniveau bleiben.

Der Vorteil für Käufer im Jahr 2025 liegt vielmehr in einer größeren Preisdiziplin, geringerer Konkurrenz und stärkerer Verhandlungsmacht. Kreditberater in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden berichten von einem erneuten Interesse an langen Zinsbindungen. Angesichts volatiler Energiepreise, Steuern und Versicherungsbeiträge wird das Festschreiben von Raten über 10 bis 20 Jahre zunehmend als strategische Entscheidung betrachtet.

Nationale Rahmenbedingungen zählen mehr als Schlagzeilen

Europa ist kein einheitlicher Immobilienmarkt. Die jeweiligen nationalen Kreditregime prägen Risiko und Chancen für Käufer entscheidend.

In Deutschland erfordern strengere Tilgungsvorgaben höhere Eigenkapitalquoten, reduzieren jedoch die langfristige Anfälligkeit. In Frankreich begrenzen Schuldendienstquoten spekulative Exzesse und schützen Haushalte. In Spanien und Portugal macht die weit verbreitete Nutzung variabler Zinssätze Kreditnehmer besonders sensibel für geldpolitische Veränderungen der EZB. In Italien dürften demografische Entwicklungen das langfristige Preiswachstum begrenzen, auch wenn ausgewählte urbane Märkte weiterhin attraktive Mietrenditen bieten.

Für Käufer ist das Verständnis dieser nationalen Regeln inzwischen wichtiger geworden als die Beobachtung europäischer Durchschnittswerte.

Das Angebot an Neubauten bleibt begrenzt

Ein wesentlicher Faktor, der stärkere Preisrückgänge verhindert, ist der deutliche Einbruch beim Neubau. Höhere Finanzierungskosten, strengere Energieeffizienzanforderungen, Arbeitskräftemangel und langwierige Genehmigungsverfahren haben die Bautätigkeit in weiten Teilen der EU gebremst.

Dieser anhaltende Angebotsmangel schafft einen strukturellen Boden unter den Preisen, insbesondere in Städten mit starken Arbeitsmärkten und stabilem Bevölkerungszuwachs. Selbst bei gedämpfter Nachfrage begrenzt der Mangel an Fertigstellungen das Potenzial für tiefe Preiskorrekturen.

Das Verhältnis zwischen Mieten und Kaufen hat sich stillschweigend verschoben

Steigende Mieten in den vergangenen drei Jahren haben die Abwägung zwischen Mieten und Kaufen in vielen europäischen Städten verändert. In Dublin, Amsterdam, Berlin, Lissabon und Teilen Südeuropas sind die Mieten schneller gestiegen, als es die Kosten für Selbstnutzer bei einem Einstieg zu heutigen, bereits korrigierten Preisen wären.

Für Haushalte mit einem Planungshorizont von fünf bis zehn Jahren oder mehr wird Wohneigentum zunehmend auch aus Cashflow-Sicht wettbewerbsfähig, sobald Mietindexierung und langfristige Stabilität berücksichtigt werden.

Zentrale Erkenntnis für europäische Immobilienkäufer

Der heutige europäische Wohnungsmarkt ist ruhiger, rationaler und weniger spekulativ als während der Phase extrem lockerer Geldpolitik. Ein Kauf verspricht keine schnelle Wertsteigerung, bietet jedoch mehr Transparenz, Stabilität und Verhandlungsspielraum.

Für Käufer mit stabilem Einkommen, ausreichendem Eigenkapital und langfristigem Horizont ist das Umfeld nach dem Ende der Billighypotheken weniger feindlich, als es die Schlagzeilen oft vermuten lassen. Die Chance liegt nicht im perfekten Timing, sondern im Erwerb hochwertiger Objekte zu realistischen Preisen mit tragfähiger Finanzierung.

Abschließende Perspektive

Das Ende günstiger Hypotheken markiert einen grundlegenden Wandel der Spielregeln für Wohneigentum in Europa. Wohnen fungiert nicht länger als finanzieller Beschleuniger, getragen von billigem Fremdkapital. Es funktioniert dort, wo Preise zu Einkommen passen, Finanzierungen in stabile Haushaltsbudgets eingebettet sind und Eigentümer bereit sind, Immobilien langfristig zu halten. Im Jahr 2025 geht es beim Immobilienkauf in Europa weniger um schnelle Gewinne als um Kostenkontrolle und langfristige Stabilität in einem Umfeld höherer Zinsen.

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