Trotz der enormen Herausforderungen, mit denen der Einzelhandel in den letzten Jahren konfrontiert war – von der Pandemie über den Boom des Onlinehandels bis hin zu Inflation und verändertem Konsumverhalten – stellt die globale Investmentgesellschaft Barings klar: Der Einzelhandel stirbt nicht, er transformiert sich. In ihrem aktuellen Bericht betont Barings, dass traditionelle Einzelhandelsformate nicht verschwinden, sondern sich grundlegend verändern – und dadurch neue Chancen für Investoren, Entwickler und Mieter entstehen.
Paradigmenwechsel: Vom Einkaufszentrum zum Erlebnisraum
Barings beobachtet, dass klassische Einkaufszentren, die ausschließlich auf den Verkauf fokussiert waren, zunehmend von multifunktionalen Standorten abgelöst werden, die Shopping mit Freizeit, Gesundheit und Dienstleistungen verbinden. Statt nur Läden entstehen sogenannte Lifestyle-Zentren mit Gastronomie, Fitnessstudios, Arztpraxen, Coworking-Flächen und Entertainment-Angeboten.
Diese Entwicklung verlängert die Verweildauer der Kunden, steigert die Bindung und macht das Geschäftsmodell robuster. Laut Barings verzeichnen solche hybriden Konzepte bis zu 20–30 % mehr Besucherfrequenz und zeigen eine deutlich stabilere Rendite – auch in volatilen Marktphasen.
Digitale Integration und Omnichannel-Strategien
Barings hebt hervor, dass nicht der reine Onlinehandel den Markt bestimmt, sondern die intelligente Verknüpfung von digitalen und stationären Kanälen. Läden dienen zunehmend als Showrooms, Abholstationen für Online-Bestellungen und Rückgabezentren.
Marken wie Zara und Nike setzen erfolgreich auf „Click & Collect“-Konzepte – also den Onlinekauf mit Abholung im Laden. Dadurch sinken Versandkosten, und gleichzeitig steigt der Kundenverkehr in den Filialen. Barings zufolge tätigen rund 40 % der Abholkunden zusätzliche Käufe vor Ort.
Der neue Einzelhandel: Lage, Anpassungsfähigkeit und Nachhaltigkeit
Drei Faktoren bestimmen laut Barings den modernen Einzelhandel: erstklassige Lage, flexible Nutzungsmöglichkeiten und ökologische Nachhaltigkeit. Investiert wird bevorzugt in hochfrequentierte Stadtlagen, vor allem in der Nähe von Verkehrsknotenpunkten und in neuen Wohnquartieren.
Besonders gefragt sind Objekte, die sich für unterschiedliche Mietergruppen – etwa aus dem Gesundheitswesen, Fitness- oder Bildungsbereich – umnutzen lassen. Nachhaltigkeit ist zudem ein entscheidender Investitionsfaktor: Energieeffiziente Gebäude mit ESG-Zertifizierungen und modularen Nutzungskonzepten schneiden in puncto Rendite und Vermietung deutlich besser ab.
Vom Risiko zur Stabilität: Neue Investitionsstrategien
Barings betont, dass Retail-Immobilien längst nicht mehr als Hochrisiko-Anlage gelten. Vielmehr rücken gut gelegene, flexible Einzelhandelsobjekte mit langjährigen Mietverträgen in den Fokus institutioneller Investoren. Besonders attraktiv sind Open-Air-Retail-Parks und lebendige Einkaufsstraßenlagen.
Top-Street-Retail-Immobilien in Städten wie London, Berlin oder Paris bieten derzeit Renditen zwischen 4,5 % und 5,5 %. In Vorstadtlagen – etwa in Deutschland oder Großbritannien – erreichen Retail-Parks sogar 6–7 % Rendite bei geringem Leerstandsrisiko.
Aufstieg neuer Mieterkonzepte: Medizin, Discount, Dienstleistungen
Barings registriert einen Strukturwandel bei den Mietern: Gesundheitszentren, Labore, Tierärzte, Bäckereien, Discounter und Fast-Fashion-Ketten sind besonders krisenresistent. Während Premium-Marken Filialen schließen, expandieren günstige Formate weiter.
Ketten wie Action (Niederlande), Pepco (Polen) oder KiK (Deutschland) bauen ihre Präsenz europaweit aus und übernehmen oft Flächen, die von älteren Einzelhändlern aufgegeben wurden. Für Barings stellen solche Mieter stabile Einnahmequellen mit niedrigen Betriebskosten dar.
Einzelhandel als Teil urbaner Entwicklung
Barings betrachtet den Einzelhandel nicht nur als wirtschaftlichen Sektor, sondern als integralen Bestandteil des städtischen Lebens. Mixed-Use-Projekte mit Einzelhandelsflächen im Erdgeschoss – Supermärkte, Cafés, Apotheken, Dienstleistungen – stärken Quartiere und fördern das Modell der „15-Minuten-Stadt“.
Die Integration von Nahversorgung und Alltagseinkauf in Wohnviertel reduziert den Autoverkehr und trägt zu mehr Lebensqualität bei. Barings unterstützt Projekte, die Handel, Stadtentwicklung und Nachhaltigkeit vereinen.
Regionale Strategien und lokale Anpassung
Statt auf universelle Konzepte setzt Barings auf regionale Unterschiede. In Südeuropa beispielsweise, wo Einkauf und Stadtbummel stark miteinander verwoben sind, bleibt der klassische Einzelhandel in Altstadtlagen besonders relevant. In Osteuropa hingegen boomen Retail-Parks in Stadtrandlagen.
Durch gezielte Anpassung an regionale Marktgegebenheiten, Konsumgewohnheiten und Digitalisierungsgrade erzielt Barings stabile Erträge bei überschaubarem Risiko – ein zentraler Erfolgsfaktor im heutigen Retail-Markt.
Preise und Renditen 2025: Der Überblick
Laut Barings liegt der durchschnittliche Preis für Top-Street-Retail-Flächen in europäischen Großstädten 2025 zwischen 5.000 und 12.000 Euro pro Quadratmeter. In Retail-Parks liegt der Preis zwischen 1.800 und 3.500 Euro/m² – je nach Lage und Land. Die durchschnittlichen Nettoanfangsrenditen betragen 5,2 % in Westeuropa und 6,3 % in Osteuropa.
Besonders stabile Objekte weisen eine Leerstandsquote unter 3 % auf und sind langfristig (7 Jahre oder mehr) vermietet. Barings fokussiert sich auf Assets mit Wertsteigerungspotenzial und Umbauflexibilität für nachhaltige Performance.
Fazit
Barings widerlegt das Narrativ vom „Tod des Einzelhandels“ und zeigt: Der Sektor ist lebendig – er hat sich nur gewandelt. Neue Konsumtrends, hybride Nutzungskonzepte und digitale Integration machen den Einzelhandel zukunftsfähig.
Wer diesen Wandel als Chance begreift, wird davon langfristig profitieren. Barings bleibt dem Einzelhandel treu – als wichtiger Bestandteil moderner, lebendiger und nachhaltiger Städte.