Im ersten Halbjahr 2025 zeigte der europäische Immobilienmarkt deutliche Anzeichen einer Erholung. Laut Savills erreichte das Gesamtvolumen der Immobilieninvestitionen 95 Milliarden Euro. Dies weist auf eine schrittweise Stabilisierung nach einer Phase hoher Zinssätze, geopolitischer Unsicherheiten und inflationsbedingter Herausforderungen hin. Auch wenn die Zahlen noch unter dem Vorkrisenniveau liegen, sind positive Entwicklungen insbesondere in den Bereichen Logistik, Wohnen und alternativen Immobilien deutlich erkennbar.
Zunehmende Aktivität im ersten Halbjahr
Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stieg das Investitionsvolumen um 12 %, was auf ein wachsendes Interesse an europäischen Vermögenswerten hindeutet. Die wichtigsten Märkte waren Deutschland, Frankreich, Großbritannien, die Niederlande und Spanien. Deutschland behauptete mit einem Transaktionsvolumen von rund 22 Mrd. € weiterhin seine Spitzenposition, trotz anhaltender Vorsicht institutioneller Investoren.
In Frankreich belief sich das Transaktionsvolumen auf etwa 14,3 Mrd. €, hauptsächlich im Großraum Paris. Großbritannien verzeichnete ein moderates Wachstum auf 13,5 Mrd. €, insbesondere durch eine verstärkte Aktivität im Logistik- und Wohnimmobilienbereich.
Die aktivsten Segmente
Logistikimmobilien bleiben ein Magnet für Investoren. Angesichts der anhaltend hohen Nachfrage nach Lager- und Verteilzentren, befeuert durch E-Commerce und Industrieproduktion, machten Logistiktransaktionen über 22 Mrd. € aus – fast ein Viertel des Gesamtmarktes.
Wohnimmobilien, einschließlich des privaten Mietsektors (PRS) und von Studentenwohnungen, waren mit einem Investitionsvolumen von 19 Mrd. € das zweitaktivste Segment. Der hohe Bedarf an Mietwohnungen sowie das knappe Angebot in wachsenden Metropolen wie Barcelona, Berlin und Warschau trieben diesen Trend an.
Büroimmobilien bleiben trotz der Herausforderungen durch hybride Arbeitsmodelle bedeutend. Hochwertige, ESG-zertifizierte Büroflächen in Metropolen wie London, Amsterdam und Paris verzeichneten insgesamt ein Transaktionsvolumen von rund 17 Mrd. €.
Alternative Immobilien wie Rechenzentren, Gesundheitsimmobilien, Seniorenresidenzen und Hostels zogen Investitionen von über 9 Mrd. € an. Diese Assetklasse gewinnt durch stabile Einkommensströme und langfristige Mietverträge zunehmend an Bedeutung.
Investoren kehren vorsichtig zurück
Laut Savills werden internationale Investoren – insbesondere aus den USA, dem Nahen Osten und Asien – wieder aktiver auf dem europäischen Immobilienmarkt. Dennoch bleibt das Investitionsverhalten insgesamt vorsichtig. Der Fokus liegt auf stabilen Einnahmen und nachhaltigen (ESG-konformen) Vermögenswerten.
Private-Equity-Fonds und Staatsfonds konzentrieren sich auf erstklassige Logistik- und Wohnimmobilien, während institutionelle Investoren zunehmend auf Club Deals und Joint Ventures setzen, um Risiken zu streuen.
Preisrückgänge halten an
Trotz des Anstiegs bei den Transaktionen setzt sich die Preiskorrektur fort. Die Preise für Büroimmobilien lagen im Durchschnitt 5–7 % unter dem Höchststand von 2022. Die stärksten Rückgänge gab es bei energieineffizienten Objekten in weniger gefragten Lagen.
Demgegenüber zeigen ESG-konforme Gebäude eine höhere Preisstabilität. In Paris etwa bleiben die Mieten für „grüne“ Büros stabil – Investoren sind bereit, eine Prämie für Energieeffizienz zu zahlen.
Auswirkungen von Zinssätzen und Finanzierung
Hohe Zinsen in der Eurozone und im Vereinigten Königreich bremsen weiterhin fremdfinanzierte Transaktionen. Viele Investoren bevorzugen Eigenkapital-Deals oder nutzen alternative Finanzierungsmodelle wie Mezzanine-Kredite, Brückenfinanzierungen oder strukturierte Finanzinstrumente.
Die erwarteten Zinssenkungen im zweiten Halbjahr 2025 wecken jedoch Optimismus. Erste Transaktionen werden bereits in Erwartung eines besseren Finanzierungsumfelds abgeschlossen – insbesondere in renditestarken Segmenten.
Regionale Besonderheiten
- Deutschland: Berlin und München verzeichnen hohe Aktivität bei Wohn- und ESG-zertifizierten Büroimmobilien.
- Frankreich: Paris ist geprägt von Bürorefurbishments und der Entwicklung moderner Gewerbeparks.
- Italien: Wachsende Investitionen in Hotelimmobilien, vor allem in Rom, Mailand und touristischen Regionen.
- Spanien: Dynamik im PRS-Segment und bei Coworking-Flächen, unterstützt durch junge Berufstätige und digitale Nomaden.
- Polen: Warschau etabliert sich als regionales Zentrum mit steigenden Volumina im Logistik- und Bürosektor.
Ausblick auf das zweite Halbjahr
Savills erwartet eine anhaltende Markterholung im zweiten Halbjahr. Die Analysten gehen davon aus, dass das Gesamtvolumen bis Jahresende die Marke von 200 Mrd. € übersteigen könnte – vorausgesetzt, die Notenbanken lockern ihre Geldpolitik.
Im Fokus stehen voraussichtlich nachhaltige Immobilien, digitale Infrastrukturen und Mietwohnprojekte. Auch Value-Add-Strategien – etwa durch Repositionierung, Renovierung oder ESG-Optimierung von Bestandsobjekten – dürften zunehmen.
Expertenmeinung
Anna Broder, Direktorin der Savills Research Europe, erklärt:
„Trotz makroökonomischer Herausforderungen kehren Investoren schrittweise auf den europäischen Markt zurück. ESG-konforme, energieeffiziente Immobilien stehen hoch im Kurs. Die Nachfrage konzentriert sich auf Objekte mit stabilen Erträgen und langfristigem Wertsteigerungspotenzial.“
Zudem betont sie die Notwendigkeit, Immobilien an die Anforderungen moderner Mieter anzupassen – etwa hinsichtlich Flexibilität, Digitalisierung und Nachhaltigkeit.
Fazit
Der europäische Immobilienmarkt zeigt im ersten Halbjahr 2025 deutliche Zeichen der Erholung. Die 95 Mrd. € an Transaktionen belegen, dass Investoren sich auf eine neue Realität einstellen – mit Fokus auf Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Risikomanagement. Auch wenn das Vorkrisenniveau noch nicht erreicht ist, verbessert sich die Marktstimmung mit der wirtschaftlichen Stabilisierung und der Aussicht auf Zinssenkungen.
In den kommenden Monaten dürfte sich das Investoreninteresse verstärkt auf wachstumsstarke Segmente wie Logistik, Mietwohnungsbau, Rechenzentren und ESG-zertifizierte Büros richten. Erfolgreiche Strategien werden neben fundierter Marktanalyse auch auf langfristige Megatrends setzen, die die europäische Immobilienlandschaft nachhaltig prägen.