PIMCO, einer der weltweit größten Vermögensverwalter, hat eine deutliche Warnung an die globale Immobilienbranche ausgesprochen: Traditionelle Investmentstrategien im Immobiliensektor verlieren zunehmend an Wirksamkeit. Angesichts steigender Zinsen, sich verändernder Mieteranforderungen, technologischer Umwälzungen und wachsender ESG-Verpflichtungen seien bewährte Modelle nicht mehr verlässlich oder zukunftsfähig.
Warum PIMCO Alarm schlägt
In seinem aktuellen Marktausblick hebt PIMCO hervor, dass ein zunehmendes Missverhältnis zwischen klassischen Annahmen der Immobilienbewertung und den heutigen Realitäten bestehe. Ansätze, die auf langfristige Mietverträge, stabile Renditen und geografische Diversifikation setzen, gelten heute als veraltet – in einer Welt, die von Zinsvolatilität, Digitalisierung und regulatorischem Wandel geprägt ist.
Zu den wichtigsten Risikofaktoren zählen laut PIMCO:
- Steigende Zinsen und hohe Inflation, die Fremdkapital verteuern und Renditen schmälern
- Nachlassende Nachfrage nach Büro- und Einzelhandelsflächen aufgrund hybrider Arbeitsmodelle
- Vermehrt kurzfristige Mietverträge, was zu unsicheren Einnahmen führt
- Wachsende Dominanz des E-Commerce, der klassische Shopping-Center unter Druck setzt
- Verschärfte ESG-Regeln, die hohe Investitionen in Bestandsobjekte erfordern
Wo traditionelle Modelle scheitern
PIMCO identifiziert besonders gefährdete Sektoren wie Büroimmobilien mittlerer Qualität in Metropolen sowie sekundäre Einzelhandelsflächen, die mit steigender Leerstandsquote, sinkenden Bewertungen und erhöhtem Sanierungsbedarf zu kämpfen haben.
Vor allem Bürogebäude der Klasse B und C verlieren rapide an Attraktivität. Ohne Energiezertifizierungen, moderne Grundrisse oder Smart-Building-Technologien werden sie zunehmend unverkäuflich, selbst wenn sie zentral gelegen sind. In einigen Städten liegt die Leerstandsquote mittlerweile bei über 25 %, was stabile Einnahmeströme und die Werthaltigkeit gefährdet.
Geografische Streuung schützt nicht mehr
Die geografische Diversifikation, einst ein bewährtes Mittel zur Risikostreuung, reicht heute nicht mehr aus. Globale Märkte reagieren inzwischen synchron auf makroökonomische Entwicklungen wie Inflation, ESG-Vorgaben oder technologische Disruptionen. Das Ergebnis: auch breit gestreute Portfolios können gleichzeitig unter Druck geraten.
Zudem greifen klassische Bewertungsansätze – etwa die Kapitalisierungsrate – zu kurz, da sie steigende Betriebskosten, regulatorische Risiken oder Modernisierungsdefizite nicht ausreichend einpreisen.
Flexible Strategien als Ausweg
PIMCO empfiehlt daher den Übergang zu agilen, zukunftsorientierten Investmentstrategien, die auf folgende Säulen setzen:
- Anpassungsfähigkeit von Gebäuden an ESG-Vorgaben und moderne Mieternachfrage
- Investitionen in Infrastrukturen der digitalen Wirtschaft, etwa Rechenzentren, urbane Logistik oder Ladeinfrastruktur
- Fokus auf Wohn- und Gesundheitsimmobilien, wie Seniorenheime, Mehrfamilienhäuser oder Pflegeeinrichtungen
- Einsatz von PropTech-Lösungen für Datenanalyse, Energiemonitoring und Nutzererfahrung
Statt reiner Objektkäufe rücken Sanierung, Umnutzung und operative Optimierung in den Mittelpunkt.
ESG – vom Nebenschauplatz zur Pflicht
Ein zentraler Befund des Berichts: Die Bedeutung von ESG-Kriterien nimmt rapide zu. In der EU treten ab 2024 neue Anforderungen zur Energieeffizienz in Kraft. Gebäude, die diese Standards nicht erfüllen, könnten ihren wirtschaftlichen Wert verlieren, weil sie weder vermietet noch refinanziert werden können.
Solche Objekte werden zu „stranded assets“ – physisch vorhanden, aber wirtschaftlich tot. PIMCO betont, dass Banken und Investoren bevorzugt grüne Assets finanzieren, was Immobilienbesitzern zusätzlichen Druck zur Umrüstung macht.
Institutionelle Investoren überdenken ihre Portfolios
Laut PIMCO haben bereits über 40 % institutioneller Anleger begonnen, ihre Immobilienportfolios zu überarbeiten. Pensionsfonds, Versicherer und Staatsfonds stoßen zunehmend veraltete Objekte ab und investieren gezielt in ESG-konforme, technologisch zukunftsfähige Anlagen.
Bevorzugt werden:
- Bezahlbarer Wohnraum und Mikroapartments
- Studentisches Wohnen und urbanes Co-Living
- Pflege- und Gesundheitseinrichtungen mit flexibler Nutzung
- Logistikimmobilien mit Automatisierungspotenzial
Diese Sektoren bieten verlässlichere Renditen und passen sich strukturellen Trends an.
Konsequenzen für Entwickler und Bestandshalter
Für Projektentwickler bedeutet das: ESG-Compliance, Nutzungsflexibilität und Digitalisierung müssen bereits in der Planung berücksichtigt werden. Bestandshalter hingegen müssen sich von der passiven Verwaltung verabschieden und Mieterbedürfnisse aktiv bedienen – durch Smart-Building-Technologien, Service-Angebote und transparentes Energiemanagement.
Mieter erwarten mehr als Quadratmeter – sie wollen Effizienz, Nachhaltigkeit und Innovation.
Ende des Buy-and-Hold-Modells
PIMCOs Fazit ist klar: Die Ära von „kaufen und liegen lassen“ ist vorbei. Klassische Buy-and-Hold-Strategien bringen nicht mehr die gewünschten Ergebnisse. Stattdessen braucht es aktive Portfoliosteuerung, datenbasierte Entscheidungen und regelmäßige Reinvestitionen.
Die erfolgreichsten Immobilienportfolios der Zukunft werden sich durch operative Agilität, ESG-Konformität und technologische Exzellenz auszeichnen.
Fazit
Die Warnung von PIMCO ist kein Untergangsszenario, sondern ein Appell zur Weiterentwicklung. Wer an überholten Konzepten festhält, riskiert Renditeverluste und Bewertungsabschläge.
Nur wer nachhaltige, flexible und nutzerzentrierte Modelle in den Mittelpunkt stellt, wird im kommenden Immobilienzyklus bestehen – und profitieren.