Die Deutsche Pfandbriefbank AG (PBB) hat einen bedeutenden Strategiewechsel bekannt gegeben: Das Institut zieht sich vollständig vom US-Markt für gewerbliche Immobilienfinanzierung zurück und konzentriert sich künftig auf europäische Kernmärkte. Dieser Schritt ist eine Reaktion auf steigende Risiken im Auslandsgeschäft und signalisiert eine Rückbesinnung auf Stabilität und berechenbare Rahmenbedingungen in Europa.
Hintergrund: PBBs Engagement in den USA
Seit Beginn der 2010er Jahre hatte die Pfandbriefbank systematisch ihre Präsenz in den USA ausgebaut. Der amerikanische Markt bot damals hohe Renditen und eine große Projektpipeline, vor allem im Büro- und gemischt genutzten Immobiliensegment in Metropolen wie New York, Chicago oder San Francisco.
Der US-Kreditbestand der Bank erreichte in Spitzenzeiten ein Volumen von etwa 5 Milliarden Euro. Nach der Pandemie und dem massiven Strukturwandel im Büroimmobilienbereich, ausgelöst durch Remote-Work-Trends, begann die PBB jedoch, ihre Strategie zu überdenken.
Gründe für den Rückzug aus den USA
Der Vorstand der Bank verweist auf erhöhte Ausfallrisiken und einen drastischen Rückgang der Bewertung von Büroimmobilien in den USA. Der Markt sei „hochgradig volatil“ geworden, so ein Sprecher.
Hauptgründe im Überblick:
- Anstieg notleidender Kredite (NPLs) im US-Portfolio
- Wertverluste bei gewerblichen Objekten, besonders im Bürosegment
- Erschwerte Refinanzierungsmöglichkeiten bei steigenden Zinsen
- Wettbewerbsdruck durch lokale Banken und Fonds
- Regulatorische Unsicherheiten auf dem US-Finanzmarkt
Laut Quartalsbericht 2025 waren 14,5 % der US-Kredite entweder ausgefallen oder restrukturiert — im Vergleich zu unter 2 % in Europa.
Neue Strategie: Fokus auf Europa
Die Bank will künftig verstärkt in stabilen europäischen Märkten agieren. Investitionsschwerpunkte liegen dabei auf:
- Deutschland, Österreich und den Niederlanden
- Skandinavien, vor allem im Logistik- und Wohnsegment
- Frankreich und die Benelux-Staaten, insbesondere für ESG-konforme Neubauprojekte
- Energieeffiziente, nachhaltige Immobilien
Vorstandsvorsitzender Andreas Arndt betonte:
„Wir kehren den USA nicht einfach den Rücken – wir bekräftigen unsere Ausrichtung auf Stabilität und Nachhaltigkeit in Europa.“
Finanzielle Auswirkungen
Die PBB plant, in den kommenden zwölf Monaten Kredite im US-Marktvolumen von rund 3,2 Milliarden Euro abzubauen. Problematische Kredite könnten mit Abschlägen verkauft werden.
Gleichzeitig will das Institut bis zu 1 Milliarde Euro frisches Kapital aufnehmen, um das Wachstum in Europa abzusichern und die Bilanz zu stärken.
Die Zahlen für das erste Quartal 2025 spiegeln den Beginn dieser Umstrukturierung bereits wider:
- Rückgang des operativen Ergebnisses um 17 %
- Zuführung zu Risikovorsorge um 320 Millionen Euro
- Anstieg des Anteils europäischer Engagements von 78 % auf 85 %
Marktreaktionen
Analysten der Deutschen Bank und von HSBC bewerten den Rückzug als „vernünftige Risikokontrolle“. Die Ratingagenturen Moody’s und Fitch hingegen stuften PBB auf „Watch Negative“ — mit Hinweis auf Unsicherheiten im Abwicklungsprozess und mögliche Einbußen bei der Diversifikation.
Die Aktie der Pfandbriefbank verlor unmittelbar nach Bekanntgabe 3,8 %, erholte sich jedoch im Wochenverlauf.
Herausforderungen in Europa
Trotz des stabileren Umfelds bringt der Europa-Fokus neue Herausforderungen mit sich:
- Starker Wettbewerb durch Regionalbanken und internationale REITs
- Strengere ESG-Vorgaben, insbesondere in Deutschland und Skandinavien
- Druck durch die Europäische Zentralbank hinsichtlich Eigenkapital- und Risikokriterien
- Sinkende Margen im Vergleich zu US-Märkten
Dennoch sieht das Management mittelfristig ein solides Wachstumspotenzial bei geringerer Volatilität.
Vergleich mit anderen Instituten
Die PBB ist nicht allein. Weitere europäische Banken haben ihr US-Geschäft reduziert:
Bank | Maßnahme | Begründung |
---|---|---|
Aareal Bank | Rückzug aus US-Bürofinanzierungen | Anstieg notleidender Kredite |
UniCredit | Verkauf von Chicago-Portfolio | Strategische Neuausrichtung |
Crédit Agricole | Fokus auf EU-Geschäft | ESG-Strategie, Risikoabbau |
Ausblick
Die Pfandbriefbank positioniert sich künftig als europäischer Spezialist für nachhaltige, risikoarme Immobilienfinanzierung. Zielgruppen sind:
- Kommunen und Wohnungsunternehmen
- Projektentwickler im ESG-Bereich
- Investoren im Logistik- und Energiewende-Sektor
Künftig sollen ESG-konforme Finanzierungen und Projekte mit sozialem Mehrwert im Fokus stehen — zum Beispiel bezahlbarer Wohnraum, urbane Logistikzentren oder energieeffiziente Bürogebäude.
Fazit
Der Rückzug von der anderen Seite des Atlantiks signalisiert eine grundlegende Neuausrichtung der Pfandbriefbank. In einer Zeit zunehmender geopolitischer und wirtschaftlicher Unsicherheiten wählt das Institut den Weg der Risikominimierung, Stabilität und ESG-Orientierung.
Damit stellt sich PBB als resilientes Kreditinstitut auf, das weniger von kurzfristiger Rendite, sondern mehr von langfristiger Solidität geprägt ist — eine Entscheidung, die in der aktuellen Marktlage als zukunftsweisend gelten kann.